Podcast Summary
Make Economy Great Again – "Der teuerste Tag seit Langem" (December 5, 2025)
Host: Ulf Poschardt (WELT)
Guest: Daniel Stelter (Ökonom)
Überblick: Hauptthema der Folge
In dieser Sonderausgabe von "Make Economy Great Again" diskutieren Ulf Poschardt und Daniel Stelter die historischen politischen Beschlüsse des Bundestages rund um das neue Rentenpaket. Sie analysieren die Auswirkungen auf Staatshaushalt, Wirtschaft, Generationengerechtigkeit und die Reformfähigkeit der Regierung. Mit einer Mischung aus Ironie, Ernst und zugespitzter Analyse zeigen sie auf, in welchem Zustand sich der Wirtschaftsstandort Deutschland befindet und warum das Rentenpaket ein Symptom einer viel tiefer liegenden Systemkrise ist.
Zentrale Diskussionspunkte & Einblicke
1. Das neue Rentenpaket als Symbol einer anhaltenden Staatskrise
- Daniel Stelter (02:00): „Heute wurde ein Rentenpaket beschlossen, aber in Wirklichkeit wurde was ganz anderes beschlossen. Es wurde beschlossen, dass die Ausgaben des Staates deutlich weiter steigen.“
- Keine echten Reformen im Sozialstaat, sondern Festschreibung von Ausgaben ohne nachhaltige Gegenfinanzierung.
- Bereits ohne dieses Gesetz wäre 2029 der Haushalt praktisch aufgefressen; nun wird es noch dramatischer.
- Die tatsächliche Belastung trifft letztlich alle Bürger – nicht nur Steuerzahler.
- Verrat an echter Reformbereitschaft:
- Die SPD habe es erneut geschafft, Reformen vorzuspielen ohne den eigentlichen Wandel anzugehen.
- Die CDU hat tatkräftig sekundiert und die letzten wirklichen Reformen verhindert.
- Stichwort "Pyrrhus-Sieg" (09:30):
Ulf bezeichnet das beschlossene Rentenpaket als politischen Pyrrhus-Sieg für die Union und SPD: Ein scheinbarer Erfolg, der in Wahrheit langfristig großen Schaden verursacht.
2. Analogie: Politik wie Kind, das Fernseher vor den Hausaufgaben konsumiert
- Daniel: „SPD hat es geschafft, erst Fernsehen zu schauen und dann Hausaufgaben machen zu müssen.“ (04:10)
- Die Regierung betreibt Symbolpolitik und verschiebt die schwierigen Aufgaben immer weiter.
3. Reform-Placebo statt echter Veränderung
- Minimalistische Gesetzgebung (06:30):
Politik betreibt technokratische Kosmetik (schnellere Genehmigungen, digitale Verwaltung) ohne wirklich relevante Strukturreformen. - Diskrepanz im Politikverständnis:
- Die Regierung glaubt, dass kleine technische Änderungen als Reformkommunikation ausreichen.
- Doch diese Scheinreformen stehen in krassem Gegensatz zur Realität offener Systemprobleme (Rentensystem, Bildung, Wirtschaftsrückgang).
4. Umfragen und das Bewusstsein der Bevölkerung
- Kernzahlen und Analysen (10:41):
- Nur 28% der Deutschen sind für eine Anhebung des Renteneintrittsalters, 69% dagegen.
- Jüngere (18–29 Jahre) sind am stärksten dagegen (77%).
- Besonders deutlich bei AfD- und Linken-Wählern (89% bzw. 81% dagegen).
- Zitat Ulf: „Die taumeln ihrem Untergang ignorant entgegen.“ (11:45)
- Daniels Reaktion:
Sie machen den Umfragen den Vorwurf, dass der „Trade-off“ gar nicht angesprochen wird (12:09). Die Menschen werden nicht mit den Konsequenzen ihrer Forderungen konfrontiert ("Wollt ihr Freibier?").
5. Die Mär vom reichen Land – Realität der Umverteilung
- Daniel: „Deutschland ist gar nicht so ein reiches Land, wie immer getan wird.“ (13:45)
- Massiver Investitionsrückstau, kriselnde Bildung, abwandernde Wirtschaft.
- Armutsstatistiken übersehen Vermögensverhältnisse und private Altersvorsorge.
- Teure Rentenpolitik, die nicht bedarfsorientiert, sondern pauschal und ineffizient ist.
6. Symbolwirkung für Deutschland als Wirtschaftsstandort
- Ulf: Die Rekord-Abgabenlast ist eine Abschreckung für Fachkräfte und Investoren – nicht nur teure Symbolpolitik, sondern ein Alarmsignal für die Welt (17:30).
- Energieministerin aus Schweden als Vorbild (20:18):
Erinnerung daran, dass auch die Politik sich den ökonomischen Realitäten nicht entziehen kann – Gesetze der Wirtschaft funktionieren wie Naturgesetze.
7. Der Mangel an echtem Reformwillen und die Folgen
- Kernbotschaft Daniel: „Es gibt keinen Reformwillen in der Bevölkerung. Es gibt keinen Reformwillen in der Regierung und die SPD ist auf dem richtigen Kurs. … Die Löcher müssen gestopft werden durch mehr Schulden, natürlich mehr Steuern, Abgaben.“ (15:18)
- Kritik an SPD-Linie, die auf Umverteilung, Schulden und Steuererhöhungen setzt, ohne die Grundlagen zu reformieren.
- Ulf: „Wir haben das Sozialsystem abgekapselt, … dieses immer sozialistischer werdenden Sozialstaatsprinzip in Deutschland … das macht mich eigentlich am fertigsten.“ (19:40)
- Gefahr einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Isolation Deutschlands.
8. Der Ausblick: Ein "Minderheitenprogramm" für Reformer
- Daniel: Im Gegensatz zu Argentinien fehle Deutschland zur Krisenbewältigung das Potential (keine Rohstoffe, keine Landwirtschaft wie dort); erst der Staatsbankrott könne zur echten Sanierung zwingen (22:30).
- Bis dahin drohe nachhaltiger Verfall.
- Ulf: Versucht, optimistisch zu bleiben und zitiert Hölderlin/Heidegger: „In der Gefahr wächst das Rettende.“ (23:42)
- Verspricht für die nächste Woche konkrete konstruktive Reformideen.
Notable Quotes & Memorable Moments
- Daniel Stelter, 04:10:
„SPD hat es erneut geschafft, den Trick zu verbringen, erst Fernsehen zu schauen und dann Hausaufgaben machen zu müssen.“ - Ulf Poschardt, 09:30:
„Ich habe einen Leitartikel geschrieben, der geht heute am Freitagnachmittag jetzt auf die Seite: ein Pyrrhus Sieg. Und dass die gar nicht kapieren, dass der Schaden dieses Siegs für ihr eigenes politische Lager gar nicht groß genug sein kann.“ - Daniel Stelter, 13:45:
„Deutschland ist ja nicht so ein reiches Land, wie immer getan wird. […] Wir wissen, das reiche Land ist gerade dabei, im echten Sturzflug da niederzugehen.“ - Ulf Poschardt, 11:45:
„Die taumeln ihrem Untergang ignorant entgegen.“ - Ulf Poschardt, 17:30:
„Der guckt diese Zahlen der Abgabenlast an und sagt ne, gehe ich überall woanders hin, nur nicht da …“ - Daniel Stelter, 20:18:
„Die Politik kann auch die Grundsätze der Wirtschaft nicht außer Kraft setzen. Und leider Gottes beweist die Wirtschaft das ja gerade mit dem Niedergang …“ - Schlusswort, Ulf Poschardt, 23:42:
„In der Gefahr wächst das Rettende – Hölderlin und Heidegger wächst. Wenn die es nicht gewusst haben, dann weiß ich es auch nicht. Und vielleicht ist dieser Moment ja, es gibt ja immer die Momente, wo Dinge sich schlagartig verändern.“
Timestamps wichtiger Segmente
- [02:00] – Analyse des „Rentenpakets“ als Ausgabensteigerung ohne Reform
- [04:10] – Symbolik der Politik: „erst Fernsehen, dann Hausaufgaben“
- [06:30] – Scheinkorrekturen: Technokraten-„Reformen“
- [09:30] – Pyrrhus-Sieg: Wahre Kosten für die politische Mitte
- [10:41] – Umfragen zur Rentenreform (Einstellungen in der Bevölkerung)
- [13:45] – Das „reiche Land“ – Märchen und Wirklichkeit
- [15:18] – Mangel an Reformwillen in Politik und Bevölkerung
- [17:30] – Deutschland verliert als Wirtschaftsstandort an Attraktivität
- [18:54] – Gefährliche Selbstgenügsamkeit im sozialstaatlichen Denken
- [20:18] – „Gesetze der Wirtschaft“ lassen sich nicht politisch aufheben
- [22:30] – Erst Staatsbankrott könnte echte Reform erzwingen
- [23:42] – Schlusspointe und optimistischer Ausblick
Fazit
Diese Folge zeichnet ein ernüchterndes und zugleich aufrüttelndes Bild vom Zustand der deutschen Politik und Wirtschaft: Reformstau, fehlender Mut für echte Veränderungen und ein politisches System, das sich mit kleinen Korrekturen über Wasser hält, während fundamentale Probleme immer größer werden. Die Gastredner fordern mehr Ehrlichkeit, ökonomisches Verständnis und einen Blick für die internationale Wettbewerbsfähigkeit – bevor die nächste große Krise nicht mehr abwendbar ist.
Nächste Woche kündigen die Hosts konkrete Reformideen an. Bis dahin bleibt die Frage offen: Wie viel "Afuera" und neuen Kulturkampf braucht das Land, damit Deutschland wieder boomt?
