Podcast Summary: Mehr Schulden, weniger Chancen – Haushaltspolitik auf Kosten der Zukunft
Podcast: Make Economy Great Again
Host: WELT
Guests: Daniel Stelter (Ökonom), Ulf Poschardt (WELT-Herausgeber)
Date: November 14, 2025
Überblick: Hauptthema und Zweck der Episode
In dieser kompakten, spontanen Ausgabe diskutieren Daniel Stelter und Ulf Poschardt die aktuellen haushaltspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung und deren Auswirkungen auf Deutschlands wirtschaftliche Zukunft. Die Folge steht im Zeichen scharfer Kritik an wachsender Verschuldung, fehlenden Reformen und Generationengerechtigkeit, einer massiven Frustration über politische und wirtschaftliche Führung und der Suche nach einem Ausweg für einen neuen Wirtschaftsaufschwung.
Zentrale Diskussionspunkte und Einsichten
1. Aktueller Zustand der deutschen Wirtschaft und Politik
- Die Atmosphäre unter Unternehmern und Investoren ist schlecht, Investitionen bleiben aus, die Politik wirkt gelähmt.
- Der „historische Moment“: Am Vorabend eines wichtigen Treffens der Jungen Union gibt es ungewöhnlich klare Signale für Widerstand gegen die Entscheidungen der Koalition, insbesondere beim Thema Verschuldung und Rentenpolitik.
- Zitat Ulf Poschardt (01:06):
„Das, was da gestern beschlossen wurde, ist – Stichwort Generationengerechtigkeit – ja nicht nur ein Faustschlag ins Gesicht der jungen Generation, sondern auch mit der Verschuldung. Das ist die unnachhaltigste Finanzpolitik, die die Bundesrepublik je hatte…“
- Zitat Ulf Poschardt (01:06):
2. Kritik an den Haushaltsentscheidungen der Regierung
- Daniel Stelter und Ulf Poschardt sind sich einig, dass die Regierung mit ihrer Haushaltspolitik „ein absolutes Desaster“ angerichtet hat.
- Kritikpunkte:
- Fehlende Transparenz und „Zusätzlichkeit“ bei Ausgaben: Nur ein kleiner Teil der neuen Schulden fließt tatsächlich in Investitionen.
- Die Investitionen sind oft nur umetikettierte Verschiebungen im Haushalt, keine echten Zukunftsausgaben.
- Zahlreiche Institute wie die Bundesbank, das IW und das ifo-Institut sprechen schon von „Mogelpackung“, schweren Regelverstößen und einer alarmierenden Entwicklung.
- Der Sachverständigenrat sieht eine systematische Unterwanderung der Haushaltsregeln; erwartete Schuldenstandsquote könnte bis 2035 über 85%, laut Stelter sogar über 100%, steigen.
- Zitat Daniel Stelter (04:56):
„Die Politik… erzählt was von Schulden für Investitionen, in Wirklichkeit stopfen sie damit Löcher.“
- Zitat Daniel Stelter (04:56):
3. Vorschläge: Mehr Kontrolle und echte Reformen
- Forderung nach mehr Transparenz, ggf. mit Monitoring-Instanzen außerhalb der Politik.
- Reformprioritäten müssten klarer gesetzt werden: Weniger Konsum, mehr echte Investitionen, Subventionsabbau und die Möglichkeit, sogar die Steuern zu senken – statt ständig über Steuererhöhungen zu diskutieren.
- Zitat Stelter (06:51):
„Wir sehen, die Politiker sollen aufhören zu erzählen, sie würden das Land sanieren wollen. In Wirklichkeit lösen sie ihre kurzfristigen Haushaltsprobleme, weil sie nicht in der Lage sind, Prioritäten zu setzen.“
4. Wirtschaftsverbände und fehlender Widerstand
- Ulf Poschardt kritisiert die großen Wirtschaftsverbände (BDI, BDA) scharf für ihr wiederholtes Schweigen und ihre Nähe zum politischen Establishment, während kleinere Verbände und insb. junge Abgeordnete aktiven Widerstand zeigen.
- Wiederholung des Vorwurfs: Die wichtigen Akteure schweigen aus Opportunismus oder Abhängigkeit, trotz offensichtlicher Missstände.
- Lob für den Mut der Jungen Union und von Veronika Grimm, die sich mit ihrer abweichenden Meinung im Sachverständigenrat gegen den Trend stellt.
- Zitat Poschardt (09:54):
„Es ist beschämend, dass Gönner und Kampeter in so einer entscheidenden Situation schweigen… Die sollen still schweigend ihre Lobbyarbeit machen.“
- Zitat Poschardt (09:54):
5. Historische Chance – und die Gefahr der Paralyse
- Stelter fordert, Deutschlands Verschuldungspotenzial jetzt gezielt und produktiv einzusetzen – für echte Reformen im internationalen Wirtschaftskrieg (USA vs. China); sonst wird Deutschland „Kollateralschaden“.
- Kritik am derzeitigen Mindset in Politik und Verbänden: Zu viele ruhen sich auf alten Erfolgen aus, Firmen investieren lieber im Ausland.
6. Konkrete Reformvorschläge und radikale Umsteuerung
- Stelter nennt radikale, aber unkomplizierte Reformschritte, die kurzfristig umsetzbar wären:
- Energieangebot massiv erhöhen, Rentenalterreformen (z.B. Abschaffung Rente mit 63 ab 2026), Bürokratie radikal abbauen, bestehende Gesetzestexte drastisch reduzieren.
- Weniger Gesetze, mehr Freiraum für Unternehmen.
- Beispiel für fehlende Führung und Mut: Auch Friedrich Merz wird als Enttäuschung gesehen – „Lack of leadership“ trotz teils großer Rhetorik.
- Zitat Poschardt (16:44):
„Das war alles falsch. Du warst naiv mit dem Schulden... Ich war ehrlich naiv. Ich habe gedacht, der will das wirklich. Und es ist einfach in so einer Situation einfach ein Lack of leadership…“
- Zitat Poschardt (16:44):
Notable Quotes & Memorable Moments
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Ulf Poschardt zur aktuellen Lage und der Generationengerechtigkeit
„Das ist die unnachhaltigste Finanzpolitik, die die Bundesrepublik je hatte… Es ist ein Faustschlag ins Gesicht der jungen Generation“ (01:06) -
Daniel Stelter zu den Ausgaben der Regierung
„Die Politik… erzählt was von Schulden für Investitionen, in Wirklichkeit stopfen sie damit Löcher“ (04:56) -
Kritik an den Wirtschaftsverbänden von Ulf Poschardt
„Es ist beschämend, dass Gönner und Kampeter in so einer entscheidenden Situation schweigen…“ (09:54) -
Stelter über historische Chancen und Versäumnisse „Wir könnten jetzt mit dem intelligenten Einsatz der Schulden und mit der richtigen Politik uns fit machen für den Wirtschaftskrieg... Und was uns fehlt, ist der Mindset einiger der Wirtschaftsvertreter… und der Politik“ (13:10)
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Poschardt zu Friedrich Merz und dem Führungsversagen „Das war alles falsch... Ich muss einfach... es ist einfach ein Lack of leadership, dass man nicht in der Lage ist zu... zeigen, dass er eine Führungsfigur ist, dass er mutig ist...“ (16:44)
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Stelter mit konkreten Reformimpulsen „Wir müssen einfach sagen: Energie, wir schmeißen alles an… wir schaffen die Rente mit 63 ab… und dann eben hingehen und sagen: Es gibt keine neuen Gesetze mehr, sondern wir müssen in den nächsten drei Jahren 45 Prozent der Gesetzestexte abschaffen…“ (19:33)
Timestamps für zentrale Themen
- 00:01–02:48: Einleitung und Kontext, Frust über Haushaltsentscheidungen
- 03:15–07:37: Stelters Analyse des Haushalts, Kritik an „Mogelpackungen“, Stellungnahmen von Bundesbank, ifo, IW, Sachverständigenrat
- 07:37–12:17: Debatte über das Versagen der Wirtschaftsverbände, Einzelstimmen wie Veronika Grimm, Lob für junge Union, Scheitern der großen Player
- 12:17–15:59: Stelter über historische Chancen, fehlendes Mindset, Reformvorschläge, globale Lage
- 15:59–19:07: Poschardt über politischen Zynismus, Kritik an Merz, Führungsversagen quer durch Parteien
- 19:07–21:12: Konkrete Reformideen, Notwendigkeit eines politischen und wirtschaftlichen Kurswechsels
- 21:12–22:22: Abschließende Appelle, kurze Auflockerung und Ausblick auf die nächste Folge
Zusammenfassung & Fazit
Die Episode zieht eine erbarmungslose Bilanz der deutschen Haushaltspolitik: Fehlende Investitionen, falsche Prioritäten, und das Verschleppen notwendiger Strukturreformen gefährden die Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Politisch wie wirtschaftlich fehlt es an Mut, an Führung und an Klarheit in der Kommunikation; dies gipfelt in einer Krise der Generationengerechtigkeit.
Der zentrale Appell:
- Radikale, aber durchdachte Reformen sind überfällig.
- Politik und Wirtschaftsverbände müssen den Ernst der Lage anerkennen, ihrer Verantwortung nachkommen und aufhören, Missstände zu verschweigen.
- Deutschland hat die Ressourcen für einen neuen Aufbruch – aber nur, wenn Mut, Ehrlichkeit und tatsächlich investive, zukunftsorientierte Politik endlich Priorität bekommen.
